Stubn! Im Gastraum der Frasdorfer Hütte, der innenarchitektonisch die perfekte Balance hält zwischen modernem Schreinerhandwerk und Sitzeckentradition, liegen Bücher aus, die ein Statement sind: Der ikonische Fotoband Das Kulinarische Erbe der Alpen des Schweizer Teams Dominik Flammer & Sylvan Müller. Cook the Mountain von Norbert Niederkofler, der mit Südtiroler Bergbauernprodukten 3 Michelinsterne erkocht hat. Standardwerke der Neuen Skandinavischen Küche wie Nordic von Magnus Nilsson. Herd-Autoritäten, die belegen, daß man hier gewillt ist, einen radikaleren Blick auf die kulinarischen Ressourcen der Heimat zu werfen. In der offenen Küche zerlegt ein junges Team gerade einen Hirsch und zerschnippelt Gemüse. Auf dem Tresen lockt eine Linzertorte, durch deren Nußdeckel orange Marillenmarmalade schillerrt.

In der altehrwürdigen Hütte weht ein frischer Wind, ohne daß die Gemütlichkeit des Ambientes angetastet worden wäre. Die Frasdorfer Hütte ist nicht luxusgentrifiziert, sondern einfühlsam an die kulinarische Gegenwart herangeführt worden. Hier waltet eine junge Avantgarde, die bei aller Raffinesse Sensibilität bewahrt für die Bescheidenheit, ja Schlichtheit, die einem nur per Fuß (oder Taxi) erreichbaren Berglokal in fast 1000 m Meereshöhe ziemt.

Das spürt man beim ungezwungenen aber makellosen Service auf der sonnenbeschienenen Terrasse, wo sich mittags Bergwanderer stärken. Abends wartet die Küche mit Schwarzwurzel mit Sauerampfer und Senfsaat, gepickelten Bärlauchblüten und Gans mit Wirsing auf. Aber heute am Donnerstags Mittag gibt es ganz einfach nur 3 Dinge. Suppe, Kuchen – und Brotzeit. Was da auf einem Holzbrettl für fairste 13.50 € serviert wird, läßt einen jäh erschauern angesichts des Erinnerung, mit welcher banalen Supermarkt- und Geschmacksverstärkerqualität man sich jahrelang auf dem Gros der bayerischen Hütten zufrieden geben mußte. Selten habe ich einer Jause schon optisch dermaßen die herausragende Qualität angesehen. Zartrosa Kochschinken, bei dem Geschmack statt Übersalzung punktet. Schaumig gerührte braune Butter. Mit frischen Kräutern grün gesprenkelter Erdäpfelkas (um den beliebteren österreichischen Begriff aus der Salzburger Heimat des Aufstrichs zu zitieren). Abgelagerte Landjäger, wo die Speckpartikel nicht wie bei Turbobilligware mit Raucharoma zwischen den Zähnen kleben bleiben. Eine Scheibe grober selbstgemacher Leberterrine mit frischgerissenem Kren. Junger Topfenkäse, der an milden Allgäuer Weißlacker errinnert. Sanft eingelegte Gurken, die für sich ein Gedicht sind. Dazu Sauerteigbrot mit knuspriger Kruste von Eva-Maria Angelbauers Kleiner Chiemgauer Backwerkstatt.

Jedes einzelne Produkt ein geschmackliches Meisterwerk. Manufakturqualität, ästhetisch durch die elegant samt grünem Stielansatz geviertelten Radieschen und ein rotrippiges Rotebeeteblatt untermalt – auch so kann alpine Heimat sachmecken! Bravo!

STUBN IN DER FRASDORFER HÜTTE
Am Zellboden
83112 Frasdorf
www.stubn.co